Wir alle: Ein blasser blauer Punkt.
Pale Blue Dot von Carl Sagan ist ein Buch über unsere Stellung und Zukunft im Kosmos. Weit ausgreifend und umfangreich, doch in seiner mitreißenden Sprache bis heute lesenswert. Ein Buch, das Wissenschaft und Zukunftsvision vereint ohne sie zu vermischen und das von einer fast poetischen Begeisterungsfähigkeit lebt.
Pale Blue Dot von Carl Sagan kann man als Backlist bezeichnen. Es wurde bereits 1994 veröffentlicht, zwei Jahre bevor Carl Sagan 1996 im Alter von nur 62 Jahren starb.
Trotzdem ist Carl Sagan für mich als Autor eine Neuentdeckung. Früher hatte ich ihn nur mit dem SETI-Projekt identifiziert und mit der berühmt gewordenen Wissenschafts-Doku Cosmos.
Erst in den letzten Jahren ist mir die große Bedeutung von Sagan für die moderne wissenschaftliche Aufklärung klar geworden. Dieser Mann ist eine Schlüsselfigur in der Verbreitung von Wissenschaft und im Kampf für aufgeklärte säkulare Werte. Je mehr ich über und von ihm gelesen habe, desto mehr musste ich Carl Sagan bewundern.
Was mich am meisten berührt und fasziniert sind seine Begeisterungsfähigkeit und seine Liebe zu den Menschen. Wissenschaften sind für ihn keine nüchternen Zahlenkolonnen ohne Seele. Wissenschaft ist für ihn – ganz im Sinne wie es heute Richard Dawkins formuliert – »die Poesie der Wirklichkeit«.
Gerade im Bezug auf die Weltraumfahrt fehlen uns heute vielleicht ein paar mehr Menschen wie Carl Sagan. Wenn wir über die Sterne und die Raumfahrt nachdenken, so scheinen heute Nützlichkeitserwägungen im Vordergrund zu stehen. Was bringt es? Wieviel Geld kann man damit verdienen? Ist es gefährlich? – Das kurze Aufflackern einer heute geradezu naiv anmutenden Begeisterung für die Mondmission (schön nachzulesen in Auf dem Mond ein Feuer von Norman Mailer) scheint weitgehend verflogen und von Sachzwängen zermahlen. Die Träumer haben das Ruder abgegeben und die Buchhalter geben den Ton an.
Es war für mich ein schönes Erlebnis, Pale Blue Dot zu lesen (Eine deutsche Ausgabe ist übrigens unter dem Titel Blauer Punkt im All. Unsere Heimat Universum antiquarisch zu bekommen). In einigen Kapiteln zwar etwas sehr ausführlich, ist es im Ganzen ein beeindruckendes Manifest für Zukunftsoptimismus, Aufklärung und die Schönheit der Wissenschaften. Sagan hat keine Angst vor Pathos und er versucht, Menschen zu berühren und sie zu begeistern. An vielen Stellen gelingt ihm dies sehr gut.
Folgender kleiner Video-Ausschnitt bezieht sich auf den Titel des Buchs. Im Jahre 1989 wurde von Voyager 2 ein Foto der Erde aufgenommen, als die Raumsonde etwa in Höhe des Neptun war. Kein Foto zeigt die Erde aus größerer Entfernung. Auf ihm sieht man, was man sonst nur weiß: Wir alle sind nicht mehr als ein sehr kleiner blasser blauer Punkt.
Der Audiotext stammt aus dem Hörbuch.