Ich war mal wieder auf dem DortCon
Bericht vom DortCon 2015 am 21. und 22. März
Ich bin was SciFi-Cons betrifft ein ziemlicher Spätzünder. Letztes Jahr war ich zum ersten Mal auf einem WorldCon, dem LonCon3. Und in diesem Jahr war ich, wenn ich richtig mitgezählt habe, zum vierten Mal auf dem DortCon. Es war, das Wortspiel sei mir erlaubt, ein phantastischen Wochenende. Zum einen, weil ich inzwischen einige der Akteure der deutschen SciFi-Szene über die Jahre kennen gelernt habe und es einfach schön ist ein Wochenende unter „seinesgleichen“ zu verbringen. Zum anderen war in diesem Jahr das Programm für meine Verhältnisse perfekt ausbalanciert. Es gab von allem etwas, sei es nun Literatur, Fandom, Unterhaltung, Wissenschaft oder auch Bier. Und nicht zuletzt mit Chris Becket einen tollen Ehrengast. Hier mal im Schnelldurchlauf, was ich auf dem DortCon 2015 erlebt habe.
Der Star Wars Zoo
Die Diplom Biologin Bettina Wurche hat sich näher mit der Fauna des Star Wars Universums beschäftigt und dabei nicht nur erwartungsgemäß viel Unterhaltsames sondern auch das ein oder andere Lehrreiche zu Tage gefördert. Da sie sich hervorragend in der Paläontologie auskennt, war sie in der Lage zu jedem Tier des Star Wars Universums Parallelen zu den ausgestorbenen Tieren der Erde zu ziehen. Dabei hat sie im Vorbeigehen einiges an Wissen über die Entwicklung unserer Tierwelt vermittelt. Funfact am Rande: Eine 1996 entdeckte Hornmilbe wurde „Darthvaderum“ genannt.
Chris Becket
Ich habe leider bislang nichts von Chris Becket gelesen. Ein Fehler, wie ich nun gemerkt habe. „Dark Eden“ und „Die Messias Maschine“ klingen nach engagierter, spannender Science Fiction, in der nicht nur einfach Dinge nacheinander passieren, sonder auch etwas geschieht. Chris Becket dazu: „I was 13, when I discovered, that a book can be about something and not just a story”. Chris Becket ist Dozent für Sozialarbeit in Cambridge und wenn er in seinen Büchern über seltsame Familienstrukturen, Realitätsflucht oder das Spannungsfeld von Wissen und Glauben erzählt, dann geschieht dies auf der Grundlage seiner Erfahrungen in der Soziologie. Leider gibt es bisher nur ein einziges Buch in deutscher Übersetzung. Aber wer weiß, vielleicht ändert sich das ja dank dem DortCon in naher Zukunft.
LARP
Mich reizt es ja schon, einmal bei einem Live Action Role Playing mitzumachen. Allein – mir hat sich bisher nicht erschlossen, wie das Ganze überhaupt funktionieren kann, wenn da mehrere Leute lustig drauf los agieren und vielleicht sogar ihre eigenen Geschichten ausleben wollen. Zum Glück war Referent Lars Adler nicht nur bestens vorbereitet sondern in der Beantwortung unserer Fragen auch sehr geduldig, so dass ich nun einigermaßen durchblicke. Wer klassische Pen & Paper Rollenspiele wie z.B. Das schwarze Auge oder Dungeons & Dragons kennt, sollte möglichst schnell diese Regelwerke vergessen. In einem LARP geht es nicht in erster Linie um Gewinnen oder das Erreichen von Spielzielen, sondern um das Spielen und Darstellen an sich. Wichtigste Grundregel hierbei: „Du bist, was Du darstellen kannst.“ Die wahre Herausforderung liegt darin, einen Schwertkampf oder auch ein magisches Duell besonders gut verlieren zu können, vielleicht sogar gewürzt durch eine besonders gute schauspielerische Darstellung. Nicht umsonst kann man LARP auch als Abkürzung für „Live ACTING Role Play“ verstehen. Was deutlich machen soll, dass eben das Aufgehen in der Rolle wichtiger ist, als sich Munchkin mäßig „hochzuleveln“. Mal abgesehen davon, dass es bei den meisten LARP’s eh keine Level gibt.
Anno Salvatio 423
Lesungen reizen mich normalerweise nicht so sehr, meist kenne ich die Bücher schon vorher und brauche sie nicht vom Autor noch mal vorgelesen zu bekommen. Aber die Ankündigung einer „Hörbuch-Live-Lesung“ hat mich dann doch gereizt. Der Autor Tom Daut hatte sich in LARP Manier ganz in schwarz als eine Art kämpfender Priester „gewandet“ und ist damit in die Rolle einer seiner Hauptfiguren geschlüpft. Zudem hat er die Ausschnitte an geschickt gewählten Stellen immer wieder kurz unterbrochen, um dramatische Musik einzuspielen. Da Tom Daut es in seinem Roman in Sachen Action ordentlich krachen lässt, ein Agent des Papstes kämpft mit Hilfe des Heiligen Geistes gegen einen technisch bestens ausgerüsteten Ketzer / Revoluzzer, war diese Lesung ein äußerst kurzweiliges Vergnügen. Mal was anderes als verschüchtert leise vor sich hin lesende Autoren.
Die Geschichte des Hugo Award
Das Sachbuch „Die Hugo Awards 1953 – 1984“ wurde seit seiner Ankündigung von mir heiß erwartet. Hardy Kettlitz hatte frisch gedruckte Exemplare dabei und ich habe mir tatsächlich eins von ihm signieren lassen. Ich muss mich hier auch mal outen: Ich bewundere schon seit Jahren mit welch profunden Kenntnissen Hardy über die Autoren und die Geschichte der Science Fiction immer wieder aufwartet. Aber mit diesem Buch hat er schlicht und ergreifend den Vogel abgeschossen. Wer anfängt sich für Science Fcition Literatur zu interessieren, stößt recht schnell auf den Hugo Award und fängt an, sich durch die ausgezeichneten Bücher zu lesen. Bisher stand einem bei der Recherche nur online mehr oder weniger lieblos zusammengestellte Listen zur Verfügung und im Netz weit verstreute Rezensionen. Nun hat Hardy Kettlitz in seinem Buch nicht nur die Preisträger sämtlicher Kategorien für jedes Jahr des Hugo Awards fein säuberlich versammelt, sondern liefert zudem auch noch zu jedem Preisträger eine kurze Beschreibung mit. Sei es nun Buch, Novelle, Novelette, Kurzgeschichte, Fanzine, Dramatische Präsentation, oder was auch immer. Zu JEDEM Preisträger aus JEDER Kategorie in JEDEM Jahr. Ein Traum ist wahr geworden. Alles was man über den Hugo wissen muss, und ich wage zu behaupten überhaupt auch nur wissen kann, ist in diesem Buch an einer Stelle versammelt. Nun gut – an zwei Stellen. Denn es werden zwei Bände. Der erste liegt nun vor. Der zweite kommt bald. Kaufbefehl!
Und sonst?
Es war so schön mal wieder mit Gleichgesinnten auf einem Haufen zu sein. Sich über verschiedene Lesegewohnheiten miteinander in die Haare zu kriegen. Sich mit völlig unnutzem Spezialwissen gegenseitig herauszufordern. Sich zu amüsieren und zu sinnieren. Über die Jahre habe ich die ein oder andere Freundschaft geschlossen und es kommen immer neue dazu. Auf welchen Con fahren wir denn nun in 2016? In 2017 geht es ja wohl mal auf jeden Fall zum WorldCon nach Helsinki, oder? Wehe ihr stimmt nicht alle mit, egal ob ihr nun Science Fiction Literatur mögt oder nicht.
1 Meinung dazu
Peter Herfurth-Jesse, 3. April 2015, 12:57 Uhr
Schöner Con-Bericht, könnte ich in weitesten Teilen unterschreiben, so für andere Programmpunkte. Aber sag mal, ich habe meine Kamera nämlich im Rucksack gelassen: Kannst Du mir eun paar Fotos (vor allem von unserer netten Gesprächsrunde) mailen? Bittebittebittebitte.