Das kleine Randgebiet Fantasy
Dass sich die phantastische Buchlandschaft in den letzten 30 Jahren grundlegend geändert hat, ist keine besonders originelle Feststellung. Jeder, der sich regelmäßig in den entsprechenden Ecken der Buchläden rumtrieb, konnte die Umschichtung der Genres und Themen mitverfolgen.
Vor allem natürlich in Richtung Fantasy, welche mittlerweile nach meinem Augenschein bis zu 70 Prozent des Angebots ausmacht.
Trotzdem finde ich es lustig, in alten Veröffentlichungen und Anthologien den mittlerweile exorzierten Zeitgeist früherer Tage zu spüren. So zum Beispiel in einem kleinen Vorwort aus dem Jahre 1980 im Heyne Science Fiction Jahresband. Zur Kurzgeschichte Weggefährten von Tanith Lee steht dort:
Tanith Lees Stärke ist die Fantasy, das Randgebiet der Science Fiction, in dem das Science durch Sorcery (Zauberei) ersetzt ist und die Welt der Schwertkämpfer seit Robert E. Howards Conan fröhliche (und blutige) Urständ feiert. Auch dieses Subgenre der SF hat seine Reize und immer mehr Liebhaber, die sich von dem technischen (und oft pseudotechnischen) Brimborium der „Hardware“-Science Fiction eher abgestoßen fühlen.
Ja, so war das mal in der Zeit, vor dem Aufkommen der „Science Fiction“, des Randgebiets der Fantasy, in dem sich immer weniger Liebhaber tummeln, die sich von dem magischen (und oft pseudomittelalterlichen) Brimborium eher abgestoßen fühlen.
4 Meinungen dazu
Stefan Taube, 16. Juli 2010, 9:00 Uhr
Hmm, also ich hätte nicht gedacht, dass man früher die Fantasy als Randgebiet der SF eingeordnet hat. Für mich stehen SF und Fantasy eher nebeneinander unter dem Begriff Phantastik. Ich weiß aber nicht, ob meine Einordnung allgemein geteilt wird.
Für mich zeichnet sich gute Science Fiction dadurch aus, dass der Umgang der Protagonisten mit dem „technischen Brimborium“ völlig natürlich ist, so wie wir ja auch nicht jedesmal vor Ehrfurcht erstarren, wenn der Motor unseres Autos tatsächlich anspringt. Ich kann mir gut vorstellen, dass die SF im Jahre 1980 da noch ziemlich nervig sein konnte. Da wir aber heute in einer SF-Welt leben, in der die Nachrichten aus der Wissenschaft für die SF zuständig sind, gewinnt die gut erzählte Geschichte wieder überhand über das Brimborium und das ist gut so.
Hardy Kettlitz, 22. Juli 2010, 23:08 Uhr
Ich fürchte aber, dass das Brimborium genau der Grund ist, warum viele Leute Science Fiction (oder auch Fantasy) lesen. Ich will mich dabei selbst gar nicht ausschließen. Gut erzählte Geschichten sind leider in der SF (und erst recht in der Fantasy) außergewöhnlich selten. Und bedauerlicherweise sind auch interessante Figuren viel zu selten. Was mich allerdings nicht dazu bringen kann, die Phantastik als Randgebiet der Literatur zu bezeichnen. Dafür mag ich die Bücher mit den bunten Titelbildern viel zu gern …
Schneiberg, 23. Juli 2010, 10:46 Uhr
Ja, die bunten Titelbilder mag ich auch. Sogar sehr. Und in Sachen Brimborium bin ich auch dabei.
Es war ja nicht meine Absicht, eine Genrediskussion anzuregen. Es gab schon in den 80ern sinnigere Ansichten und treffendere Definitionen von Fantasy & SF. Ich fand nur diesen mittlerweile völlig anachronistischen Blick auf die Bedeutung von Fantasy amüsant.
Bonden H., 27. Juli 2010, 20:24 Uhr
Ich verstehe nicht, wie man SF und Fantasy in eine Schublade stecken kann – diese Gattungen schliessen sich gegenseitig aus.